Aktuelle Nachrichten zum Versorgungsausgleich

Reformbegleitgesetz - Mogelpackung für Betroffene?

von Team Versorgungsausgleich für Soldaten, Polizisten & andere (Kommentare: 3)

Reformbegleitgesetz eine Mogelpackung.

Die Argumentation „selbst schuld, wer früher heimgeht“ klingt für Betroffene wie ein Schlag ins Gesicht, wurden sie doch mehr oder weniger vom Dienstgeber in den Vorruhestand „gebeten“.

Unfassbares zur Position der Politik beim „Versorgungsausgleich“ im Artikelgesetz:

Wir befragten MdB Henning Otte (CDU) zur aktuellen Position und Bewertung der Fälle, die regulär mit Erreichen der besonderen Altersgrenze ausscheiden und den Fällen, die auf Grund von Strukturmaßnahmen des Reformbegleitgesetzes ausscheiden bzw. ausgeschieden sind.

MdB Otte stellte im Wesentlichen noch einmal die Begründung zur Aufnahme von Regelungen zum Versorgungsausgleich in das Artikelgesetz dar:

Die betroffenen Soldatinnen und Soldaten haben keine Möglichkeit, ihre Versorgungssituation durch längeres Dienen zu verbessern. Der Dienstherr kann eine Berufssoldatin oder einen Berufssoldaten nach Überschreiten der für sie oder ihn geltenden besonderen Altersgrenze einseitig durch Verwaltungsakt mit Ablauf eines Monats jederzeit in den Ruhestand versetzten. In der Praxis erfolgt die Zurruhesetzung regelmäßig nach Überschreiten der besonderen Altersgrenze. Überlegungen zur individuellen Versorgungssituation dürfen dabei nicht berücksichtigt werden.“

Die Soldaten, die hingegen auf Grund des Reformbegleitgesetzes ausscheiden, würden eigenen Gestaltungsfreiraum nutzen:Die Vorzeitige Zurruhesetzung nach dem Bundeswehrreform-Begleitgesetz vom 21. Juli 2012 erfolgt dagegen auf freiwilliger Basis auf Antrag des Soldaten. Dieser hat zuvor die Möglichkeit, eine Versorgungsauskunft einzuholen, um festzustellen, ob die zu erwartenden Versorgungsbezüge für seine Lebensplanung und eventuell noch zu tragenden Verpflichtungen ausreichend sind. Er kann somit eine Zahlungsleistung verhindern, indem er im Dienst verbleibt und nicht ausscheidet. Insofern liegt ist hier keine Ungleichbehandlung vor, da die Voraussetzungen für den Eintritt in den Ruhestand unterschiedlich sind.“

Der Wortlaut der Frage vom 05.11.2014 und Antwort vom 27.11.2014 ist hier nachzulesen:
Henning Otte zum Versorgungsausgleich auf Abgeordnetenwatch

Wir meinen: Das müssen wir zunächst mal zur Kenntnis nehmen und raten betroffenen Kameraden derzeit, die beabsichtigen, nach dem Reformbegleitgesetz auszuscheiden UND noch keine Entlassungsurkunde angenommen haben, weiteres Vorgehen genau zu überdenken, sowie „Nebenwirkungen“, wie Ankündigungen von Versetzungen und heimatfernes Pendeln genau zu dokumentieren, bewerten und ggf. abklären zu lassen.

Wir meinen aber auch: Da muß nachgefeilt werden!

Auch dienstunfähige Soldaten

können ihr Dienstzeitende nicht eigenverantwortlich gestalten und eine Reform, die auf Abbau von Personal setzt, hat seinen Preis!

Immerhin soll mit den bereits bestehenden Gesetzen (Bundeswehrreform-Begleitgesetz und Streitkräftepersonalstruktur-Anpassungsgesetz) Personal abgebaut werden, das in der neuen Struktur nicht mehr benötigt wird. Teurer wäre überflüssiges Personal im Dienst zu halten. Daher wirkt sich der sanfte Druck auf Betroffene, in den letzten Dienstjahren nochmal weiträumig versetzt zu werden, sicher positiv für den Gesetzgeber aus?

Auch MdB Gabi Weber (SPD), die im Bundestag zum Verteidigungshaushalt 2014 vortrug, befragten wir zu ihrer Position. Als Mitglied des Verteidigungssauschuss unterstützt sie die Forderung Versorgungsausgleich im Artikelgesetz, führt aber aus:

„Ob wir in der parlamentarischen Beratung bei allen Punkten, die das Artikelgesetz abdeckt, erfolgreich sein werden, können wir erst hinterher sagen. Vorbehalte gegenüber Maßnahmen, die Geld kosten, existieren im gesamten Haushaltsbereich. Ich bitte Sie zudem zu bedenken, dass es viele Berufsgruppen gibt, die rentenrechtlich deutlich schlechter stehen. Im Vergleich zur durchschnittlichen gesetzlichen Rente stehen Soldaten, auch der unteren und mittleren Dienstgrade, mit ihren Versorgungsbezügen und Zuschlägen ungleich besser da. Das ist vom Gesetzgeber auch so gewollt, da Soldaten einen besonderen Dienst für unser Land leisten“ und „Aber auch andere Beamte wie Feuerwehrleute, Zoll- oder Polizeibeamte, scheiden vor der Regelzeit aus dem aktiven Dienst aus, für sie gilt die Regelung der Versorgungskürzungen weiter fort. Unter diesem Hintergrund ist derzeit noch nicht abzusehen, ob die federführenden Rechtspolitiker einer Sonderregelung für Soldaten zustimmen.“

Die Anfrage vom 21.10.2014 ist hier zu finden: Gabi Weber

Wir meinen: Dank an Frau MdB Weber für die Antwort, aber: Um ein Übel nicht anzufassen zu wollen, kann man nicht auf ein anderes Übel hinweisen: Die Berechnungsformel und der Abzugsbeginn für geschiedene Soldaten machen das Problem aus. Und das gilt es konsequent durch die Politik anzufassen. Und, nein Frau Weber, Zollbeamte haben keine besondere Altersgrenze.

Leider antworten andere Abgeordnete, wie z.B. MdB Ulrich Freese (SPD, Haushaltsausschuss) erst gar nicht auf Anfragen, weder auf Abgeordnetenwatch.de, noch per Mail. Das wird seinen Grund haben:

Der Politiker, ehemaliger Vorsitzender einer Rentenversicherung, fordert auf seiner Website: „Mit der Solidarrente von 850,-- Euro wollen wir all denjenigen gerecht werden, die trotz 30 Beitrags- und 40 Versicherungsjahren bedürftig sind.“ Für diese Scheinlösung, Sozialhilfe wäre da besser angebracht, hat er wohl u.a. den „Solidarbeitrag“ von geschiedenen Soldaten und Beamten mit Besonderer Altersgrenze als Finanzierung im Kopf. Seine Position läßt sich leicht erraten.

Eigentlich hat die zögerliche Diskussion im Parlament aber andere Ursachen: Leider begreifen Politiker immer noch nicht, das das Versorgungsausgleichssystem bei Besonderer Altersgrenze nun mal ein Abzocksystem ist, dass bei Soldaten und Beamten mit Besonderer Altersgrenze genau die abmelkt, die dem Solidarsystem über Jahrzehnte treu dienten. Und die erzählen das ihren Söhnen und Töchtern.

Man schielt eben auf die Gelder, die geschiedene Soldaten, Polizisten, Feuerwehrmänner und Justizvollzugsbeamte in deutsche Staatskassen spülen. Doch nunmehr wehren sich die Betroffenen!

Die Argumentation mit Solidar- und Versicherungsprinzip hinkt eben gewaltig. Versorgungsausgleich hat nichts mit Solidarität zu tun und wer glaubt, dass die Rentenversicherungen irgendwas versichern, glaubt auch dass Zitronenfalter Zitronen falten.

Quelle Illustration: dedMazay

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