Aktuelle Nachrichten zum Versorgungsausgleich

Von Äpfeln und Birnen oder die besonders perfide Art der Altersdiskriminierung

von Team Versorgungsausgleich für Soldaten, Polizisten & andere (Kommentare: 1)

Immer wieder verquickt sich die Diskussion um die Beseitigung der Missstände bei der Handhabung des Versorgungsausgleichs für Berufssoldaten und Beamte mit besonderer Altersgrenze mit einer anderen Personengruppe: Der Gruppe der Bezieher einer Erwerbsminderungsrente (früher: Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeitsrente). Auch diese gehen, teilweise erheblich vor dem Rentenregelalter in den Ruhestand. Auch hier wird der Versorgungsausgleich mit Bezug der Erwerbsminderungsrente herausgekürzt.

Schon bei früheren Vorstößen zur Anpassung des Versorgungsausgleichs für Soldaten und Beamte mit Besonderer Altersgrenze führte dieses zum Scheitern der vorgetragenen Initiativen aus Angst, die finanziellen Folgen müssten auf die Erwerbsminderungsrentner übertragen werden.

Beim Entenfüttern am Rhein erfuhren wir, dass es zurzeit wieder soweit sei und heftiger Widerstand gegen eine „ungerechte Bevorteilung von Soldaten und Beamten“ angekündigt wurde.

Wir sind der Auffassung, dass die Mitbetrachtung von Erwerbsminderungsrentnern ein Vergleich von Äpfeln und Birnen und in dieser Art und Weise nicht zulässig ist. Mehre Gründe sind dafür maßgeblich:

Erstens:

Ausscheiden aus dem Berufsleben aus persönlichen Gründen versus Ausscheiden auf Grund staatlicher Regelung
Ca. 200.000 Menschen pro Jahr werden auf Grund einer Erwerbsminderung vollständig oder teilweise Bezieher von Erwerbsminderungsrenten. Die Gründe sind vielfältig und liegen in Krankheitsbildern, die eine Erwerbstätigkeit von mehr als sechs bzw. drei Stunden pro Tag verhindern. Eine vollständige Erwerbsminderungsrente wird ebenso zugesprochen, wenn auf Grund der Erkrankung eine Vermittlung auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr möglich ist. Die Höhe der Erwerbsminderungsrente hängt von den einbezahlten Rentenbeträgen ab und ist im Regelfall etwa 10% geringer als eine Vollrente. (Vgl. hierzu Wikipedia: Erwerbsminderung)
Im Gegensatz dazu ist der Polizist, Feuerwehrmann oder Soldat quasi von Amts wegen berufsunfähig. Das Ausscheiden liegt nicht in seinem persönlichen Ermessen. Das Überschreiten der Besonderen Altersgrenze ist damit wie ein „abgelaufener TüV-Stempel“. Ein längeres Verbleiben im Dienst oder eine adäquate Weiterbeschäftigung ist im Regelfall nicht möglich. In Zeiten des Fachkräftemangels ein Anachronismus.

Personalplaner im Öffentlichen Dienst schätzen die Besondere Altersgrenze, denn bei den jeweiligen Spitzendienstgraden bringt gerade die frühe Zurruhesetzung „Zug in den Kamin“ , verspricht jüngeren Kollegen und Kameraden Karrierechancen und dient damit auch der Nachwuchswerbung.

Zweitens:

62 Jahre als feste Bezugsgrundlage für lebensjüngere Erwerbsunfähige versus tatsächlich geleistete Dienstzeit für Soldaten und Beamte mit Besonderer Altersgrenze
Mit dem neuen Rentenpaket (Da fehlt noch was, Frau Merkel!) wurde auch sichergestellt, dass jede Erwerbsminderungsrente eines jüngeren Arbeitnehmers so berechnet wird, als habe dieser bis zum 62. Lebensjahr gearbeitet. Zu einer Vollrente sind dabei Abschläge bis 10,8% hinzunehmen. (Vgl. hierzu Wikipedia: Zugangsfaktor) Insgesamt ist die Genehmigungsquote bei Anträgen auf Zubilligung einer Erwerbsminderungsrente etwa 50%. Jeder zweite Antrag auf Zubilligung einer Erwerbsminderungsrente scheitert also. Das durchschnittliche Rentenniveau ist mit bisher ca. 650 EUR sehr niedrig, deutet aber daraufhin, dass auch eher Schlechtverdiener in die Erwerbsminderungsrente fallen als die Bezieher mittlerer Einkommen. Das liegt zunächst daran, dass Besserverdiener im Krankheitsfall oft auch schlechter bezahlte aber gesundheitlich leistbare Vollzeittätigkeiten annehmen müssen.

Immerhin erbringt die neue Fixierung für Lebensjüngere auf das 62. Lebensjahr erhebliche Vorteile, auch bei der Teilung von ehegemeinsamen Versorgungsanteilen.
Bei Beamten mit besonderer Altersgrenze und Soldaten zählt bislang zur Teilung der Versorgungsanteile nur die tatsächlich geleistete Dienstzeit bis zum Erreichen der Besonderen Altersgrenze.

Drittens:

Zuverdienstbeschränkungen für Erwerbsunfähige und Soldaten und Beamte mit Besonderer Altersgrenze
Beide Personengruppen unterliegen Zuverdienstgrenzen. Der vollständig erwerbsgeminderte Rentner darf nur geringfügig bis zu 450 EUR beschäftigt werden. Das macht Sinn, denn sonst läge ja keine Erwerbsunfähigkeit vor. Nach einem hohen Versorgungsausgleich (50%, Ehezeit deckt sich mit Dienstzeit) verbleiben einem Stabsfeldwebel ca. 1.209 EURO brutto. Bei einer Beschäftigung in der Privatwirtschaft darf er nur einen Gesamtverdienst (Pension und Zuverdienst mit 120%) von ca. 2.834 EUR vor Steuer haben, also 1.625 EUR dazuverdienen. Ab dem 61. bis zum 65. Lebensjahr sind es sogar nur ca. 951 EUR vor Steuer. Grund ist die dann geltende 100% Grenze und der Sachverhalt, dass Versorgungsausgleich nicht herausverdient werden kann.

P.S.: Diese 951,- € Grenze gilt im Beispiel immer bei einer Beschäftigung im öffentlichen Dienst.

Viertens:

Erwerbsunfähigkeit ist privat versicherbar, das Erreichen einer Besonderen Altersgrenze nicht
Viele Privatversicherungen bieten einen Versicherungsschutz gegen Erwerbsunfähigkeit an. Zugegeben, für Schlechtverdiener keine wirkliche Alternative. Für Handwerker und  Bezieher mittlerer und höherer Einkommen ist dieses jedoch zusätzlich zur Grundsicherung eine häufig gewählte Ergänzung. Mit Erkenntnis lässt sich das Erreichen der Besonderen Altersgrenze nicht versichern.

Fünftens:

Weiterbeschäftigungsverbot nur für Soldaten und Beamte
Eine spätere privatwirtschaftliche Betätigung eines Beamten oder Soldaten nach Pensionierung kann auf Grund von § 20 a  Soldatengesetz bzw. von § 105 Bundesbeamtengesetz versagt werden. Nämlich dann, wenn ein begründeter Verdacht vorliegt, die Tätigkeit würde im Zusammenhang mit der früheren dienstlichen Tätigkeit gegen die Interessen des früheren Dienstherren gerichtet sein.
Ähnliche Vorschriften gibt es in den Ländergesetzen, für Politiker (z.B. wie bei Gerhard Schröder oder Ronald Profala erlebt!) gilt diese Regelung natürlich nicht. Dieses ist ein Alleinstellungsmerkmal für Soldaten und Beamte und beschränkt deren spätere Berufstätigkeit erheblich.
In der Privatwirtschaft ist es sogar üblich, nach dem Verlassen seiner Firma bei der Konkurrenz anfangen zu können.

Sechstens:

Belastung im Dienst für Beamte mit Besonderer Altersgrenze und Soldaten
Eine oft strapazierte Bewertung: Polizisten, Berufsfeuerwehrleute und Soldaten geht es im Staatsdienst ja so gut, sie sind unkündbar, haben ein sicheres Einkommen usw.  Dafür nehmen Sie jedoch auch erhebliche Nachteile in Kauf:

  • Starke Belastung durch hohe Dienstzeiten und Schichtdienst, Versetzungen, Auslandseinsätze, vor allem nach Verletzung bzw. Verwundung oder posttraumatischen Belastungsstörungen
  • Im Vergleich zu Arbeitszeit, Ausbildung und Verantwortung im mittleren und gehobenen Dienst eher mäßiges Einkommen, jedoch teilweise kompensiert durch gute Pensionserwartungen. Wenn nicht unmittelbar der Versorgungsausgleich zuschlagen würde.
  • Durch Versetzungen oft die Situation, als Alleinverdiener  dem wirtschaftlichen Zwang zum Nebenerwerb ausgesetzt zu sein, schlechte Rentenkarriere des nichtverdienenden Ehepartners mit Auswirkungen auf einen späteren  Versorgungsausgleich.
  • Negative Folgen der jederzeitigen Versetzbarkeit:
    – Hohe finanzielle Belastungen und Ghettoisierung bei der Versetzung in Großstädte mit höheren Lebenshaltungskosten
    – Starke Beeinträchtigung bei Erwerb und Nutzung von Wohneigentum
    – Schulische Misserfolge der Kinder

(Vgl. hierzu Bund + Beruf: Soldatenberuf und Lebensgemeinschaft)

Daher unsere eindringliche Forderung an die verantwortlichen Politiker:
Vermischen Sie nicht Äpfel und Birnen!

Vermengen Sie nicht die Umstände und Rahmenbedingungen von Erwerbsminderungsrentnern mit denen von Polizisten, Feuerwehrmännern und Berufssoldaten!
Respektieren Sie endlich die Besonderheiten der Folgebedingungen einer Besonderen Altersgrenze, begreifen Sie diese bitte die jetzige Regelung als eine besonders perfide Art von Altersdiskriminierung und passen Sie jetzt endlich die Regeln des Versorgungsausgleichs an!

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